Im Rahmen der Max-Mannheimer-Kulturtage 2019 stellte der Kunstverein Bad Aibling die Berliner Künstlerin Hannah Bischof und ihre beeindruckende Bilderfolge Von Papenburg nach Neuruppin – Zyklus für Maria vor. Die Ausstellung in der Galerie Altes Feuerwehrgerätehaus wurde vom Publikum mit wachsendem Interesse angenommen und blieb den Besuchern auch Monate nach den Kulturtagen nachhaltig im Gedächtnis. Immer wieder begegnete ich im Laufe des Jahres Aiblinger*innen, die mir eindrucksvoll von ihrem Besuch in der Galerie während der Kulturtage erzählten und von der Kraft, die von den Bildern ausging. Auch wenn der Zyklus für Maria eine traurige und zutiefst verstörende Familiengeschichte erzählt, strahlen die Bilder doch auch immer wieder eine große innerliche Zuversicht aus. Ja man findet sogar in ihnen Wärme und Geborgenheit. Trotz aller Dunkelheit steht in den Bildern von Hannah Bischof doch das Licht im Mittelpunkt. Der Ausnahmekünstlerin Hannah Bischof hat mit ihrem Zyklus für Maria nicht nur eine lebendige Erinnerung an ihre Großmutter Maria Fenski geschaffen, sondern sie verbindet damit auch eine wichtige Intuition, die Ihre Arbeit und ihre Kunst über den Zyklus hinaus stetig begleitet: ein aktives Erinnern und ein eindringliches Mahnen an unsere Gegenwart.
Die Mutter ihres Vaters, Maria Fenski, geboren als Maria Eissing am 14.8.1905 in Papenburg an der Ems, litt an Schizophrenie und wurde dafür von den Nationalsozialisten in der Landesanstalt Neuruppin durch Hungern ermordet. Sie ist eines von vielen bisher ungenannten und nicht bekannten Opfern der sogenannten „Euthanasie“-Morde bzw. der sog. „T4-Aktion“, benannt nach der Villa in der Tiergartenstraße Nr. 4 in Berlin, in der die „Euthanasie“-Morde geplant und angeordnet wurden. Viele Menschen wissen heute immer noch nicht, dass die Tötungen von körperlich und geistig Behinderten als „unnütze Esser“ oder „Ballastexistenzen“ durch Medikamentenüberdosierung, Giftspritzen oder verhungern lassen zu den ersten gezielten Massenmorden der Nationalsozialisten gehörten.
„Die Verarbeitung meiner persönlichen Familiengeschichte durch die Umsetzung in Malerei, in Kunst, ist nur eine Möglichkeit, sich diesem Thema der Ausgrenzung zu nähern und sich damit auseinanderzusetzen. Ich begreife die Ausstellung als ein politisches und zugleich privates Engagement dafür, dass sich ein solches Unrecht nicht wiederholt. Die Ausstellung ist gleichzeitig eine Aufforderung an die Gesellschaft, Ausgrenzung und Abwertung von Menschen nicht hinzunehmen, sondern zu bekämpfen; nach dem Grundsatz Wehret den Anfängen!“, so Hannah Bischof.
Mitte November 2019, anlässlich der Preisverleihung des Theaterwettbewerbs andersartig gedenken on stage, besuchte ich Hannah Bischof in ihrem Kreuzberger Atelier in Berlin und wir verbrachten Stunden in ihren Bilderwelten, sprachen ausführlich über die Wichtigkeit der Bildenden Kunst in der Erinnerungsarbeit und auch manch neue Idee wurde geboren. Ein ausführliches Gespräch mit Hannah Bischof gibt es bald hier an dieser Stelle zu lesen.
Michael Stacheder