Und ruhest in der Almacht Schatten

Mit dem Psalm 91, den wir am Beginn gehört haben, gehen die Nonnen und Mönche im Westen in die Nacht, die Benediktinerinnen und Franziskaner. Gehört haben wir ihn in der Übersetzung von Moses Mendelssohn, einem deutschen Philosophen des 18. Jahrhunderts, der Auflärung, ein Freund von Lessing, Großvater des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy. Ein Jude. Mit unnachahmlicher Sprachkraft übertrug er die Psalmen ins Deutsche, ganz frei von der Prägung Luthers, der man sich kaum entziehen kann. Auch er denunziert, angegriffen und immer wieder aufgefordert, zum Christentum zu konvertieren.

Mendelssohn kannte die Dämonen der Nacht, die Drachen. Wie sie alle kennen, die verfolgt, schikaniert und bedroht werden. Das Bild auf dem Liedblatt stammt von der Berliner Malerin Hannah Bischof und trägt den Namen „Nachts der Drachen“. Hannah Bischof war bereits 2019 teilnehmende Künstlerin der Max- Mannheimer-Kulturtage mit ihrem „Zyklus für Maria“, den sie in Erinnerung an ihre Großmuter Maria Fenski gemalt hat. Maria Fenski wurde Opfer der sogenannten „NS-Euthanasie“.

Was hilft gegen diese Drachen, mit denen nicht die Verfolger leben und kämpfen müssen, sondern die Verfolgten? Wohl nur die Liebe. Nicht die Lieben zu den Tätern, das wäre zu viel. Sondern zu denen, die das Leben noch vor sich haben, die es gestalten sollen. Die Kinder, die Jungen. Wir morgen und übermorgen und so lange es uns aufgesetzt ist. Um deretwillen kam Max-Mannheimer zurück nach Deutschland. Um deretwillen hat er seine Geschichte aufgeschrieben und Zeugnis gegeben. Sein Schreiben ist Liebe zum Leben. Liebe zu den Menschen, die uns im Grund alle Nächste sind. Geschöpfe wie ich und Du.

Nachts der Drachen, 2018, Hannah Bischof, Acryl auf Leinwand


Von dieser Liebe hörten sich nicht auf zu sprechen, Jesus allen voran. Auch Paulus, der manchmal so spröde sein kann. Theresa von Avila. Dietrich Bonhoeffer. Martin Luther King. Wir sind bestimmt zu Lieben. Liebe in die Welt zu tragen.

Diese Liebe beginnt hier: an der Schwelle der Nacht. Wo ich vergebe. Wo ich versuche mich einzufühlen, warum der oder die andere so handelt, wie sie handelt. Nicht nur die Dämonen tauchen auf in der Nacht, auch die Liebe wärmt das Herz, wenn wir hinspüren. Wenn wir unsere Mite finden, unser Fundament. Das doch im Grund etwas Götliches ist. „Seelenfünklein“ das leuchtet. Heiliger Geist der atmet in jedem Atemzug.

In der von Kerzen erleuchteten Christuskirche Bad Aibling während des Nachtgebets 2024. © Michael Stacheder




Hier zum Nachlesen und Download die Texte und den Ablauf des Nachtgebets 2024:

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