Sie wirken wie ein Kaleidoskop. Glück, Schmerz, Erfolge, Widerstand, Überraschendes oder auch Glück im Unglück. Ganz unterschiedliche Eckpfeiler spiegeln sich in den Geschichten, die auch als Wegweiser gesehen werden können. Ankommen und weggehen, da sein und zurückblicken, aber nach vorne gerichtet sein, weitergehen, ganz im Sinne von „Ich bin wertvoll“.
Gerade nicht „Ich bin mir wertvoll“, sondern „Ich bin wertvoll“. Weil ich ein Mensch bin! Weil es jeder Mensch ist. Und jeder verdient Aufmerksamkeit und Achtsamkeit und Beachtung. Das war der Grundgedanke der Veranstaltung im Evangelischen Gemeindehaus im Rahmen der Max-Mannheimer-Kulturtage. Acht Einblicke in ein anderes Leben, sehr unterschiedliche Schwerpunkte, waren ein großer Gewinn für alles Zuhörer. Ganz bewusst wird im Rahmen dieser Veranstaltung auf Fragen verzichtet. Das sorgt überzeugend für eine nachhaltige Wirkung der Worte.
Wortbeiträge, die Brücken bauen – unter diesem Motto teilten Menschen persönlich Erlebtes, ihre Erfahrungen und Gedanken mit. Matthias Rüppel hat in seinem Leben immer wieder Ausgrenzung erfahren. Er reagierte mit einer lebensbedrohlichen Essstörung. Seine Magersucht war Hilfeschrei und Selbstzerstörung in einem. Heute kann er darüber reden. Benno Weber berichtet davon, was ihn geprägt hat. Seine Eltern erlebten die furchtbaren Kriegsjahre und überlebten mit ihren Erlebnissen. Stärkung und Trost hat der Glaube gebracht, den vor allem die Mutter an ihren Söhne weitergegeben hat, indem sie christliche Werte zum Maßstab ihres Handels machte. Eduard Litts Erzählung ist vor allem von Dankbarkeit geprägt. Doch sein Weg aus Russland nach Deutschland bedeutete auch Verzicht. Seine Studienabschlüsse in Mathematik, Physik und Informatik konnte er hier nicht entsprechend umsetzen. Aber eine wichtige Chance bereichert seit Jahren sein Leben. Er findet als Hausmeister am Gymnasium nicht nur menschliche Wärme, sondern auch eine umfassende Anerkennung dessen, was er tut. Er ist ein ganz wichtiger und hochgeachteter Teil der Schulfamilie geworden. Richard Lindl ist in Aibling eine bekannte Größe. Seit vielen Jahren ist das Theater sein Leben. So sagt er, das Leben ist doch auch nur Theater! Malen als zentrale Erfahrung und Bereicherung war schon lange wichtiger Teil im Leben von Elke Mayer-Gruhl. Erst spät machte sie es auch zur Profession als Kunsttherapeutin. „Krönchen richten, weitergehen“! Gar nicht so einfach, wenn ein, wie sie selbst sagt, furchtbarer Wahlkampf hinter einem liegt und auch noch eine Niederlage, die schmerzt. Was mitnehmen, was ablegen? Martina Thalmayer möchte die Erfahrung nicht missen, aber jetzt ist es Zeit, neue Wege zu gehen. Insekten spielten im Leben von Boris Tomcizek schon früh eine zentrale Rolle. Er bewundert sie und sie bereichern sein Leben. Genaue Beobachtung, Liebe fürs Detail, unbefangenes Herangehen – das hat ihn auch als Dokumentarfilmer geprägt. Dieser Blick in andere Leben, kein Voyeurismus, sondern Bereicherung durch genaues und unvoreingenommenes Hinschauen hat Tamara Danicic nicht nur als Dokumentarfilmerin fasziniert. Es hat ihr Leben bereichert und die Möglichkeit, Einblicke in andere Leben zu bekommen, ganz neue Perspektiven eröffnet.
Markus Merz hat dieses Format im Rahmen von Zamma 2022 erstmals gestaltet. Auch da fiel der liebevolle Rahmen auf, der den Vortragenden den gebührenden Respekt bot. Bei den Max-Mannheimer-Kulturtagen sorgte unter seiner Regie eine überaus sorgfältige Vorbereitung dafür, dass die angesprochenen Redner sehr gut eingestimmt waren und sich ganz offensichtlich wohl fühlten und bereit waren, einen wichtigen Teil ihrer Geschichte zu erzählen. Für die musikalische Begleitung sorgte das Duo Frangipani. Die wunderbar sensible und gleichermaßen mitreißende Musik von Reinhard Roller und Clemens Wagner in den Pausen bewirkte, dass keine Aneinanderreihung der Vorträge im Gedächtnis, sondern jeder einzelne besonders bleibt. Und dann bot das Café Friends unter Leitung von Alexandra Woköck einen beglückenden kulinarischen Rahmen mit Kaffee oder Tee und Kuchen. Gespräche wurden lebhaft geführt, Gedanken ausgetauscht.
Der Saal des Evangelischen Gemeindehauses blieb bis zum Schluss gefüllt. Vielen Dank allen Helfern! Wer die Veranstaltung verpasst hat, kann die Redebeiträge auf Youtube unter www.servus-segen.de anschauen.
Anneliese Wittkowski